Die Reform führt nicht zu "mehr Kompatibilität", zu keinem "Mobilitätsgewinn" und auch nicht zu einem "flexiblen, zeitnahen und transparenten Studium", wie in den Bologna-Zielen formuliert. Studentinnen und Studenten sind mit der Beratung und Betreuung überwiegend unzufrieden. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an Studierende vor allem durch viele zusätzliche Kleinstarbeiten, wie Protokolle und Hausaufgaben. Für die Lehrenden steigt durch die Kontrolle dieser der administrative Arbeitsaufwand. Teilnahmebeschränkungen und vorgegebene Studienverlaufspläne verhindern ein flexibles und vielseitiges Studium. Das Bologna-Ziel eines besseren Betreuungsverhältnisses wird verfehlt. Die Studierenden sehen den Bachelor-Abschluss hingegen nicht als berufsqualifizierend an. Nur die wenigsten Studierenden können sich ausschliesslich dem Studium widmen. Über zwei Drittel der Studierenden sind auf Erwerbsarbeit angewiesen. Mehrfachbelastung werden im Studienalltag nicht berücksichtigt. Was die Unzufriedenheit mit dem Bachelorstudium betrifft, werden vor allem folgende Faktoren moniert:
Am 27. und 28. April 2009 fand in Leuven und Louvain-la-Neuve die Konferenz der für die Bildung zuständigen Ministerinnen und -minister zum Bologna-Prozess statt. Der Bologna-Prozess erreicht nun die Zeitlimite des ursprünglichen Ziels, bis 2010 den Europäischen Hochschulraum einzurichten. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass oberflächlich vieles erreicht wurde, das Bachelor/Master-Modell ist strukturell eingeführt und das ECTS-System ebenso (allerdings sind immer noch erhebliche Mängel auszumachen). Die Anerkennung von Studienleistungen aus anderen Hochschulen aus dem In- und Ausland ist jedoch weiterhin ein Problem und die Erleichterung der Mobilität, das ursprüngliche Hauptziel der Reform, ist noch weit davon entfernt, eine Realität zu sein. Des Weiteren sind bezüglich der sozialen Dimension so gut wie keine Fortschritte festzustellen und die kleinere Flexibilität der Curricula bringt zusätzliche Hürden. Position der Studierenden: Die Finanzierung der Hochschulinstitutionen kommt gerade in den Zeiten der Finanzkrise zunehmend unter Druck. Während an der Verantwortung der Öffentlichkeit für die Hochschulbildung festgehalten wird, lässt die Verlautbarung nach der Konferenz der für die Bildung zuständigen Ministerinnen und Minister vom April 2009 die Möglichkeit einer Diversifizierung der Finanzierungsquellen und -methoden zu. Prostestbewegung der Studierenden In den Wochen nach dem Treffen der europäischen Bildungsministerinnen und -minister hat sich in einigen europäischen Ländern eine Protestbewegung gegen die Schwachstellen des heute gültigen Bolognasystems aufgebaut. Die beschönigte Bilanz der Bildungsministerrunde und der mangelnde politischen Wille der Bildungsverantwortlichen, Mängel im Bologna-Prozess anzugehen und zu beheben, hat den Unmut vieler Studierender vergrössert. In zahlreichen europäischen Hochschulen demonstrieren Studentinnen und Studenten gegen u.a. die steigenden Studiengebühren, die ungenügenden Stipendien, die Bürokratisierung, die Verschulung der Studiengänge, die organisatorischen Mängel und vor allem, dass die Hochschulbildung bei weitem nicht allen offen steht. Das Einkommen der Eltern ist weiterhin entscheidend ist für den Zugang zur Hochschulbildung. Die streng geregelte Studienpläne mit den vorgegeben Prüfungsdaten und den Seminaren verunmöglicht zahlreichen Studierenden, ihr Studium mit einer Erwerbsarbeit zu finanzieren. Auch wenn die Forderungen der Studierenden von Hochschule zu Hochschule etwas variieren, so setzen sich die Studierenden in den verschiedenen Protestaktionen doch alle für die Öffnung und Demokratisierung der Hochschulen ein. Die Protestbewegung hat im Herbst auch die Schweiz erreicht. Nach Angaben des VSS bietet sich in der Schweiz ein ähnliches Bild wie in anderen europäischen Staaten. 2Das quasi inexistente Stipendiensystem ist seit Jahrzehnten reformbedürftig und die Diskussion um die Anhebung von Studiengebühren wird regelmässig von neuem gefordert. Anstatt die Schranken zur Hochschulbildung abzubauen wird das Arbeiten neben dem Studium durch die zunehmende (und mittlerweile für die meisten Studierenden Tatsache gewordene) Verschulung der Studiengänge erschwert. Während die Studierenden unter dieser Entwicklung zu leiden haben, schieben sich Bund, Kantone und Institutionen gegenseitig die Verantwortung zu," schreibt der VSS in einer Stellungnahme.
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