Aktion
gegen den Bildungsabbau im Kanton Aargau 2003 |
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Bildungspolitik im Kanton Aargau |
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Medienmitteilung
des alv zum Bericht des Regierungsrates 2003 |
Die
Personalverbände sind in doppelter Weise von den "Entlastungsmassnahmen"
betroffen.
Zum
einen befürchten sie eine Verschlechterung ihrer Produkte, gemeint
sind die Leistungen des Staates gegenüber der Bevölkerung (Sicherheit,
Gesundheit, Bildung). Das ist dem Personal nicht gleichgültig.
Zum
andern muss das Personal zur Kenntnis nehmen, dass es weiterhin als Unkostenfaktor
betrachtet wird, der wie seit zwölf Jahren gedrückt werden kann.
Dagegen setzt sich das Personal zur Wehr.
Der
alv nimmt zur Kenntnis, dass die jetzigen und schon seit einiger Zeit andauernden
Finanzprobleme des Kantons unterschiedliche Ursachen haben: Es sind dies
die Abwälzung von Lasten des Bundes auf die Kantone, die aktuelle
ungünstige Wirtschaftslage und die finanzpolitischen Beschlüsse
des Kantons, die zu einem Abbau von Kantonseinnahmen führten. |
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Der
alv ist bereit, für seine Einschätzungen und Forderungen das
wirtschaftliche Umfeld zu berücksichtigen, nicht aber eine kantonale
Finanzpolitik, die dem Staat dringend notwendige Mittel entzieht.
Der
alv ist enttäuscht von der Regierung, die weiterhin auf Kosten des
Personals sparen will, obwohl dem Personal bereits in den letzten Jahren
erhebliche Opfer abverlangt wurden zur Verbesserung des Rechnungsabschlusses
des Kantons.
Diese
Personalpolitik führt zu Schäden an den Leistungen des Kantons,
insbesondere an der Qualität der Bildung. Denn es gelingt dem Kanton
nicht, genügend qualifiziertes Personal für die Schule zu rekrutieren.
Es mutet direkt absurd an, dass es der Kanton auch dieses Schuljahr nicht
geschafft hat, alle Unterrichtsstellen mit ausgebildeten Lehrpersonen zu
besetzen, obwohl in der Privatwirtschaft grosse Arbeitslosigkeit herrscht
und damit die Arbeit in der Schule attraktiv erscheinen sollte, obwohl
im Kanton rund sieben Prozent ausländische Lehrpersonen tätig
sind, obwohl die Zahl der Unterrichtsstellen abnimmt auf Grund geschrumpfter
Kinderzahlen. Diese Situation ist alarmierend und verlangt nach Massnahmen,
sofern einem die Qualität der Schule ein politisches Ziel ist.
Diejenigen
Politiker, die dem Staat weniger Mittel zur Verfügung stellen wollen,
verlangen, dass sich der Staat auf einzelne Kernaufgaben beschränkt.
Dieses Verständnis des Staates beinhaltet eine Selektion der bis jetzt
realisierten staatlichen Bereiche, es beinhaltet, dass aufgezeigt wird,
welches die echten Kernaufgaben des Staates sind und welche Bereiche der
Staat anderen, in der Regel der Privatwirtschaft, übergeben soll.
Diese Selektion wird durch das vorgelegte Sparpaket nicht vorgenommen.
Der Staat zieht sich aus keinem einzigen Bereich zurück. Er verschlechtert
einfach generell seine Leistungen. Es ist nun endlich an der Zeit, dass
von den Politikern, die einen schlankeren Staat wünschen, öffentlich
gemacht wird, von welchen Tätigkeiten sich der Kanton zu verabschieden
hat.
Der
alv geht davon aus, dass die Bildung eine Kernaufgabe des Kantons ist.
Es ist keine Partei bekannt, die etwas anderes behauptet.
Der
Kanton Aargau betreibt eine ausserordentlich kostengünstige Volksschule.
Sie liegt kostenmässig deutlich unter dem schweizerischen Durchschnitt,
sie liegt im Vergleich mit den umliegenden Kantonen am Schluss.
Andererseits
besteht eine ganze Reihe von Problemen und Herausforderungen, denen sich
die Schule Aargau stellen muss und denen nur mit erhöhten Mitteln
zu begegnen ist. Zum Beispiel:
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Die
Integrationsprobleme erhöhen sich durch den wachsenden Anteil von
fremdsprachigen Kindern. |
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Die
Lesekompetenz vieler SchulabgängerInnen ist ungenügend. |
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Der
Fremdsprachenunterricht setzt im Aargau zu spät ein. |
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Die
aufgegleisten Reformen bei der Schulleitung und dem Qualitätsmanagement
müssen umgesetzt werden. |
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Das
Interesse am Lehrberuf ist sehr tief, dies im Gegensatz zu bildungsmässig
erfolgreichen Ländern. (In Finnland beispielsweise werden von 100
Interessierten gerade 10 in die pädagogische Ausbildung aufgenommen.) |
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Die
Klassengrössen sind in den grösseren Gemeinden zu hoch. |
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Die
Einschulung erfolgt generell zu spät und ist mit seiner Starrheit
dem einzelnen Kind nicht angepasst. |
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Die
heutige Organisationsform der Schule mit verzettelten Stundenplänen
ist völlig veraltet. Niemand bezweifelt, dass die Einführung
von Tagesstrukturen aus der Sicht der Kinder und der Eltern notwendig ist. |
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Wer
allen Ernstes eine gute Bildung will, muss mehr Mittel in die Volksschule
investieren. Das Sparpaket macht das Gegenteil. Das ist absurd und nicht
zu verantworten.
Der
alv hat die Sparmassnahmen des BKS bewertet. Er wehrt sich grundsätzlich
dagegen, dass der Bildung Ressourcen entzogen werden. Die vorgeschlagenen
Massnahmen verschlechtern den Unterricht mit unterschiedlicher Härte.
Im Sinne einer Konzentration bekämpft der alv vor allem diejenigen
Massnahmen, die sehr gravierende Folgen haben und die Volksschule in einem
allgemeinen Sinn tangieren. Die Mitgliedorganisationen des alv beurteilen
die Sachlagen aus ihrer spezifischen Betroffenheit. Daraus entstehen keine
Widersprüche zwischen dem Dachverband und seinen Mitgliedorganisationen,
zum Teil aber unterschiedliche Konzentrationen.
Analyse
des alv |
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In
erster Linie bekämpft der alv die Erhöhung von Abteilungsgrössen.
In den grösseren Schulen sind die Abteilungen ohnehin schon zu gross,
um heutige Erfordernisse des Unterrichtens umzusetzen (Individualisierung,
Erweiterte Lehr- und Lernformen, Bedeutung des mündlichen Fremdsprachenerwerbs).
Dass nun die zu grossen Abteilungen noch vergrössert werden sollen,
ist völlig unverständlich.
Mit
der Erhöhung der Mindestzahl für Primarklassen auf 22 Kinder
wird der Unterricht in getrennten Abteilungen weitgehend verunmöglicht.
Doch gerade in den Anfangsklassen ist das Arbeiten in kleineren Gruppen
ein unerlässlicher Bestandteil der Didaktik.
Die
Halbierung des textilen Werkunterrichts an der Primarstufe auf eine Stunde
pro Klasse negiert die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Bildung. Nur
wer auch im handwerklichen und feinmotorischen Bereich gefördert wird,
entwickelt in günstiger Weise seine Fähigkeiten, auch im rein
intellektuellen Bereich. Es geht beim Werk-Angebot in der Schule um weit
mehr als um zu lernen, wie man einen Knopf annäht.
Die
neue Ressourcensteuerung ist noch nicht beschlossen. Sie hatte ursprünglich
zum Zweck, erhöhte Anforderungen an den Unterricht auf Grund der speziellen
Situation der SchülerInnen zu berücksichtigen (Fremdsprachigkeit,
schwierige soziale Herkunft etc.). Dass nun die Ressourcensteuerung zum
Einsparen von Mitteln gebraucht werden soll, ist zweckfremd und schädlich.
Der
alv kämpft zusammen mit der KASPV gegen Verschlechterungen bei den
Anstellungsbedingungen. Er verlangt, dass die notwendigen Mittel zur Verfügung
gestellt werden, um das neue Lohnsystem des Personals und (hoffentlich
auch) der Lehrerschaft umzusetzen. Wenn der Kanton nun mittelfristig festlegt,
dass das Lohnsummenwachstum unter dem für die Systempflege Erforderlichen
liegt, macht er sich mittel- bis langfristig als Arbeitgeber unattraktiv.
Vielleicht kann er sich das in Krisenzeiten leisten - im Schulbereich allerdings
nicht, wie schon aufgezeigt wurde - in wirtschaftlich besseren Zeiten aber
sicher nicht mehr. Gutes Personal findet anderswo attraktivere Arbeitsplätze.
Der
alv bekämpft das Sparpaket in verschiedener Weise:
Er
wird zu den tangierten Themen (Klassengrösse etc) Argumentarien zusammenstellen,
um damit die öffentliche Meinungsbildung mitzugestalten.
Er
wird interessierte Verbände (Elternorganisationen etc.) über
die Schädlichkeit der vorgeschlagenen Massnahmen informieren und sie
zum Kampf dagegen motivieren.
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Quelle:
Text Aargauischer Lehrerinnen- und Lehrer-Verband 2003 |
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